27. Oktober 2011

Der Schwarze Peter

Niemand will es offen zugeben, aber eigentlich wäre der Schwarze Peter  ein willkommenes Teammitglied. Es wird vieles einfacher, wenn der Schwarze Peter mit an Board ist: Man kann ihm alle Schuld zuweisen. Und das schönste ist, er reagiert nicht darauf, was vieles einfacher macht.

In jedem Projekt tauchen Probleme auf und natürlich wird auch immer fleissig nach der Ursache geforscht, was auch seine Vorteile haben kann. Aber es kippt sehr schnell in die Schuldzuweisung. Plötzlich muss ein Name her, Fragen wie „wer hat das so entschieden?“ oder „wer hat das gemacht?“ werden aufgeworfen und man sucht nach einer Antwort. Meistens ist das Team mehr damit beschäftigt herauszufinden, wer es war, als nach einer Lösung zu suchen. Warum das so ist, liegt auf der Hand: Lösungen erarbeiten können sich als sehr komplex erweisen, sind anstrengend und bedeuten Aufwand. Aber man weiss sehr schnell wie es zu der Situation gekommen ist und wer dafür verantwortlich ist, und meistens soll dann gleich auch der Verantwortliche eine Lösung erarbeiten. Sehr einfach und leider oft die traurige Realität.

Je nach Erfahrung des Projektleiters lässt er solche Situationen zu, oder er kann dem entgegen wirken. Aber vielleicht ist es wirklich gar nicht verkehrt, einen imaginären Schwarzen Peter im Team zu haben. Bei Problemen ist die Frage, wer es war, sehr schnell beantwortet: der Schwarze Peter. Damit gibt es keinen Grund sich noch weiter mit dieser Frage zu beschäftigen, sondern man kann gleich zur Lösunsgserarbeitung übergehen.

Schlussendlich steckt hinter einem Projekt ein Team, das gemeinsam auf ein Ziel arbeitet. Natürlich macht jedes Team Fehler und muss dann mit den Konsequenzen leben. Das passiert nun mal und damit muss das Team umgehen können. In einem funktionierenden Team soll eine Feedback-Kultur gelebt werden, auch Kritik soll zugelassen sein. Aber Schuldzuweisung wenn ein Problem auftaucht, ist aus meiner Sicht kontraproduktiv. Diese soll ganz schnell auf den imaginären Schwarzen Peter abgeschoben werden.

3 Kommentare:

  1. Bin nicht ganz einverstanden :) Ich sehe mich als Projektleiter als Verantwortlichen über die getroffenen Entscheidungen, ergo stehe ich für die Konsequenzen gerade. Selbst ein fiktiver Schwarzer Peter ist doch auch wiederum ein "Drücken" vor dieser Verantwortung? Zudem sollten bei der Ursachensuche die Fragen "Wieso ist es passiert?" und "Wie können wir es zukünftig (auch für andere Projekte) vermeiden?" im Zentrum sehen, und nicht die "Wer?" Frage (sind wir doch ehrlich: wer immer "es war" weiss es sowieso und wird, sehr wahrscheinlich, von sich aus den gleichen Fehler zukünftig nicht mehr machen - wieso soll ich also noch darauf herumhacken?). Auch dafür stehe ich als Projektleiter ein - schliesslich habe ich ja die getroffenen Entscheidungen gedultet oder gar abgesegnet.
    Ich kann dir zu diesem Thema noch folgenden interessanten Artikel empfehlen: http://www.arraspeople.co.uk/camel-blog/projectmanagement/root-cause-analysis-and-corrective-action-for-project-managers/

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  2. Hallo Oliver. Vielen Dank für Deinen Input. Ich bin eigentlich auch Deiner Meinung, dass ein Projektleiter für getroffene Entscheidungen gerade stehen soll. Dabei gibt es aber aus meiner Sicht folgendes zu beachten:

    - Manchmal werden im Team Entscheidungen getroffen, ohne dass der Projektleiter involviert ist, beispielsweise wenn es aus Entwicklersicht keine relevante Entscheidung ist, in Wahrheit aber eine Menge von Konsequenzen mit sich zieht, die sich erst viel später zeigen. Natürlich vertritt der Projektleiter gegenüber dem Kunden dann die Gründe, warum das damals so entschieden wurde, aber innerhalb des Teams würde ich da schon etwas genauer nachfragen, vor allem wenn die Eckpunkte Kosten, Termine oder Leistung beeinträchtigt würden.

    - Der Projektleiter ist ein Teil des Teams und als solches auch anzusehen. Jedes Projektteam-Mitglied hat sein eigenes "Rucksäckli" zu tragen und jeder reagiert anders, wenn eine Fehlentscheidung getroffen wurde. Für einen einzelnen Mitarbeiter kann eine Fehlentscheidung vielleicht persönlich Folgen haben, weil er beispielsweise vom Linienvorgesetzten andere Ziele erfüllen sollte. Die Reaktion fällt entsprechend unterschiedlich aus.

    - Ich hab tatsächlich schon Situationen erlebt, dass sich ein Projektteam (inklusive dem Projektleiter) viel mehr mit dem "Wer" beschäftigt hat anstatt nach einer Lösung zu suchen. Und in solchen Fällen wäre ein Schwarzer Peter nicht schlecht. Hier drückt man sich nicht mit den Konsequenzen zu leben, die sind ja bereits eingetreten, aber man legt den Fokus auf die Problemlösung und nicht auf "Schuldzuweisung".

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    1. Okay jetzt verstehe ich was du meinst :) Da kann ich dir auch zustimmen, der "Schwarze Peter" kann ein passendes Instrument sein, in der von dir beschriebenen Situationen den Fokus rasch auf die Lösungssuche zu ändern.

      Allerdings denke ich, dass Führungspersonen, welche sich grundsätzlich bei Problemen zu aller erst auf die "Wer?"-Frage stürzen, nur schwer bzw. nur durch einen länger dauernden Prozess "umerzogen" werden können. Hierzu könnte der "Schwarze Peter" durchaus als ein Tool (von sicher mehreren) verwendet werden... Es ist sicher schwieriger anzuwenden, weil es ja quasi eine grundlegende Umstellung der Denkweise verlangt.

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