8. September 2011

Der War-Room (oder ein Projekt im Ausnahmezustand)

An allen Ecken und Enden brennt es:
  • Der Kunde beklagt sich über die schlechte Qualität der gelieferten Software
  • Die Entwickler beklagen sich über das zu implementierende Produkt
  • Der Produkthersteller gibt dauernd Updates heraus und nach deren Installation läuft die Anwendung nicht mehr korrekt
  • Es tauchen immer wieder neue Fehler auf
  • Der Projektleiter ist am Ende mit seinem Latein
  • Alle sind demotiviert
  • Das Projekt kommt nicht vorwärts

Solche Projektsituationen gibt es tatsächlich und sind natürlich für alle Beteiligten ziemlich unschön. Eine Möglichkeit, das Projekt aus dem „Sumpf“ zu ziehen ist der War-Room.
Das Projektteam zieht sich einige Tage zurück und arbeitet in einem Raum am Projekt. Gleichzeitig wird das Team mit Experten angereichert, die zusammen mit dem Team mögliche Lösungszenarien ausarbeiten und gleich auch umsetzen. Im War-Room arbeiten alle am selben Projekt und alle auf das selbe Ziel hinzu.

Was ist dabei zu beachten:
  • Definition welche Leute anwesend sein müssen und etwas bewirken können: auch den Kunden mit einbeziehen (er könnte z.B. als Tester mit im War-Room sitzen und wertvollen Input hinsichtlich Qualität/Fehler etc. liefern.)
  • Klare Rollendefinition bevor die War-Room Zeit startet: Möglicherweise übernimmt vorübergehend ein erfahrener Experte den technischen Lead oder das Projektmanagement
  • Klare Spielregeln: Arbeitszeiten, Mittagspausen etc. müssen festgelegt werden
  • Tägliche Briefings- und Debriefings
  • Zieldefinition: Was soll nach dem War-Room erreicht sein? Ziel muss es nicht sein, dass das Projekt abgeschlossen wurde, sondern dass die Probleme, welche das Team hindert das Projekt abzuschliessen, aus dem Weg geräumt sind.
  • Dauer des War-Rooms zu Beginn festlegen: Eine War-Room Zeit ist für alle Beteiligten ziemlich anstrengend. Deshalb sollte eine War-Room-Situation nicht allzu lange auftreten und vor allem niemals zur „Normalsituation“ werden.
  • Die Zeit nach dem War-Room festlegen: Nach einer gewissen Zeit muss das Projekt wieder in seine gewohnten Bahnen gelenkt werden. Die Experten ziehen sich zurück und das Projektteam übernimmt die Aufgaben wieder. Das soll schon zu Beginn zusammen mit dem War-Room Team geplant werden, insbesondere auch um allfällige Unsicherheiten zu eliminieren.

Fazit:
War Room Situationen können helfen, ein Projekt wieder auf Kurs zu bringen. Ich habe damit bis jetzt positive Erfahrung gemacht. Dennoch gibt es auch einige Nachteile, die man beachten sollte: Durch einen War-Room (und durch die Experten) kann das bestehende Projektteam eingeschüchtert werden und damit verliert es das Selbstvertrauen, das Projekt ohne Hilfe zu Ende zu bringen. Das könnte einem Projekt noch mehr schaden. Innerhalb des War-Rooms können schnell Konflikte auftreten: Experten kritisieren, man sucht den Schuldigen etc. Das ist natürlich kontraproduktiv. Kritik gehört nicht in einen War-Room sondern zum Projektabschluss.

2 Kommentare:

  1. "WAR-Room" ist vielleicht ein etwas überzeichneter Begriff... er soll einfach deutschlich machen, dass das bevorstehende "Vorhaben" einen speziellen Status hat. Wir haben schon WAR-Rooms für Projekt-Pitches gebildet... will heissen... nicht nur für Projekte in "Schieflagen", sondern auch für gemeinesame Vorhaben, welche einen enge und intensive Zusammenarbeit erfordern. "Ponyhof" können wir ja es nicht nennen... obwohl... warum nicht... ;-)

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  2. Ed Yourdon hat solche Projekte als "Death March Projects" bezeichnet...
    http://en.wikipedia.org/wiki/Death_march_(project_management)

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